"Der Bibel auf der Spur"
Die Bibel ist ein einzigartiges Buch. Sie ist durch und durch ein menschliches Werk, und doch haben wir kein anderes Medium in der Weltgeschichte, in dem Gott uns vergleichbar nahekommt.
Kein Buch wird so oft gedruckt wie die Bibel. In konkreten Zahlen heißt das pro Jahr: über 60 Mio. komplette Bibeln, über 90 Mio. Neue Testamente und über 1,5 Milliarden Bibelteile, in über 2000 Sprachen. Diese Zahlen steigen in der Regel jedes Jahr. Das Wort "Bibel" stammt vom Ort Byblos, das im heutigen Libanon liegt. Im Altertum war Byblos ein bekannter Exporthafen für Papyrus. Im Altgriechischen bedeutete das Wort "Byblos" ursprünglich die innere Rinde der Papyruspflanze. Papyrus war das Papier der Antike. Unser Wort Papier kommt daher. Papyrus wurde zum Herstellen von Büchern verwendet. So entstand aus dem Namen Byblos der Ausdruck für Buch.
Viele Kontroversen
Es gibt kein einziges Buch, das so kontroverse Reaktionen hervorruft. Die Bibel hat immer und überall hitzige Debatten ausgelöst und die Großen jeder Epoche haben sich meist eindeutig über sie geäußert. Hier einige Beispiele: Voltaire (1694 - 1778), Schriftsteller "Wenn wir alle menschliche Rebellenschaften und die christliche Religion zerstören wollen, müssen wir als erstes den Glauben an die Bibel zerstören" TheodoreRoosevelt (1858 - 1919), US - Präsident "Eine profunde Bibelkenntnis ist mehr wert als jede Hochschulbildung" Robert Ingersool (1833 - 1899), Publizist "Für wie inspiriert jemand die Bibel hält, hängt von der eigenen Dummheit ab" Horace Greeley (1811 - 1872), Publizist "Es ist unmöglich, jemanden der die Bibel liest, seelisch oder gesellschaftlich zu versklaven" Friedrich Nietzsche (1844 - 1900), Philosoph "Man tut gut daran, Handschuhe anzuziehen, bevor man die Bibel anfasst. Die Nähe von so viel Unreinheit zwingt fast dazu. Ich habe in ihr vergeblich nach einem einzigen kongenialen Zug gesucht. Alles in ihr atmet Feigheit und Selbstverdummung" Bertold Brecht (1898 - 1956), Schriftsteller "Meine Lieblingslektüre? Sie werden lachen: die Bibel" Abraham Lincoln (1809 - 1865), US - Präsident "Alles Wissen über den Erlöser der Menschheit ist in diesem Buch enthalten und alles, was für die Menschen erstrebenswert ist" Thomas Paine (1737 - 1809), politischer Reformer "Die Bibel enthält eine Geschichte der Verderbtheit, die die Menschheit korrumpiert und brutalisiert hat" Sir Walter Scott (1771 - 1832), Schriftsteller "In diesem gewaltigen Buch liegt das Geheimnis der Geheimnisse. Wer an der Bibel zweifelt oder über sie spottet, für den wäre es besser, wenn er nie geboren worden wäre" J. W. von Goethe (1749 - 1832), Dichter "Ich bin gewiss, dass die Bibel immer schöner wird, je mehr man von ihr versteht" Wenn wir also von der Bibel reden, sprechen wir von etwas Gewaltigem und Verwirrendem zugleich. Einerseits kann schon ein Kind die Bibel gut verstehen, andererseits sind die größten Geister der Menschheitsgeschichte an ihr gescheitert.. Nach dem Selbstverständnis des zweiten Teiles der Bibel, des Neuen Testaments, versteht derjenige die Bibel richtig, der sie auf Jesus, den einzigartigen Sohn Gottes, hindeutet. So steht am Ende des Johannesevangeliums: "Diese Geschichten wurden geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist und ihr durch den Glauben an ihn das ewige Leben habt".
Manche Bücher brauchen länger
Die meisten biblischen Geschichten spielen sich in einem relativ kleinen Weltteil ab, nämlich im Nahen Osten - in Israel und seinen Nachbarländern. Israel mit seinen 20.700 qkm, ist etwa vier mal kleiner als Österreich. Dieses Gebiet war in der Antike ein Durchgangsgebiet. Afrika, Asien und Europa treffen hier aufeinander. Hier also spielen sich die meisten Ereignisse ab, die in der Bibel berichtet werden. Archäologen haben viele der Orte ausgegraben, die in der Bibel erwähnt werden: Bethlehem zum Beispiel, wo David die Schafe seines Vaters hütete und Jesus geboren wurde; Cäsarea an der Mittelmeerküste - einer der wichtigsten Ausgangspunkte für das frühe Christentum; Korinth, ehemals eine belebte griechische Hafenstadt. An sie sind zwei Briefe adressiert, die heute in der Bibel stehen; Jerusalem - der Mittelpunkt des biblischen Geschehens, 665mal in der Bibel erwähnt, heute eine heilige Stadt für Juden, Christen und Moslems. Durch die Jahrhunderte ist Jerusalem 17mal zerstört und 18mal wieder aufgebaut worden. Die Bibel hat eine lange Geschichte hinter sich. Die letzten Sätze, die wir heute in der Bibel lesen, sind bereits vor 1900 Jahren geschrieben worden, und damit sind wir noch lange nicht am Anfang. Die Bibel wurde über einen Zeitraum von mindestens 1000 Jahren geschrieben, von Dutzenden verschiedenen Autoren. Kein Buch kann sich in dieser Hinsicht mit der Bibel messen. Das Wort "Bibel" bedeutet ursprünglich, wie oben erwähnt, einfach Buch. Genau betrachtet ist sie aber eine Bibliothek aus verschiedenen Büchern, die über einen langen Zeitraum zusammengetragen wurde.
Inhalt der Bibliothek
Die Bibel besteht aus zwei Hauptteilen, dem Alten Testament und dem Neuen Testament. Testamente beinhalten einen Willen, eine Verpflichtung, einen Bund. Diese beiden Testamente enthalten eine Abmachung zwischen Gott und den Menschen. Zuerst kam das Alte Testament - die hebräischen Schriften, und später das Neue Testament - die christlichen Schriften. Das Alte Testament besteht aus 39 Schriften. Hier sind sich Juden, Katholiken und Protestanten einig. Die jüdischen Gelehrten kommen allerdings oft auf 24 Schriften, weil bei ihnen einige Bücher zu einer Schrift zusammengefasst werden. Das Neue Testament wird nur von den Christen anerkannt. Es umfasst 27 Bücher. Für Katholiken und orthodoxe Christen umfasst das Alte Testament weitere Schriften, die man apokryphe oder deuterokanonische Schriften nennt. Martin Luther sah sie als Bücher, die der Heiligen Schrift nicht gleichzusetzen, aber nützlich und gut zu lesen sind.
Was ist anders?
Zwischen unseren Bibeln heute und den Originalschriften damals gibt es einige augenfällige Unterschiede. Der griechische Schreiber zum Beispiel schrieb auf Pergament, einer Art Tierhaut, wir haben heute Bibeln aus Papier. Auch die Sprachen waren andere. Das Alte Testament wurde in Hebräisch geschrieben, das Neue Testament in Griechisch. Wir haben also Übersetzungen. Originale und alte Abschriften hatten weder eine Kapitel- noch Verseinteilung, wie wir sie in den heutigen Bibelausgaben finden. Sie wurden erst im Mittelalter eingeführt. Die Einteilung in Kapiteln und Verse erleichtert das schnelle Finden einer bestimmten Stelle. Bibelstellen werden nämlich nicht durch die Seitenangaben zitiert. Es gibt viel zu viele verschiedene Ausgaben mit völlig verschiedener Verteilung über die durchlaufend nummerierten Seiten. Als erstes wird der Name eines Buches angegeben, dann folgt die Nummer des Kapitels, und dann die des jeweiligen Verses. Ein Beispiel: Jona 3, 24
Wie sehen die Bücher aus?
Einige Bücher tragen den Namen der Person, um die es hauptsächlich geht, zum Beispiel Ruth, Hiob, Jona. Andere Namen geben die literarische Gattung an. Es gibt zwei Chroniken, also Geschichtsbücher, Psalmen - ein altes Liederbuch, oder die Sprüche - eine Sammlung von Lebensweisheiten. Manche Bücher wurden nach dem mutmaßlichen Verfasser genannt: das Buch der Propheten Jesaja, Joel, Amos. Matthäus, Markus, Lukas und Johannes heißen die Schreiber der vier Lebensberichte von Jesus, die ins Neue Testament aufgenommen wurden. Einige von den Briefen wurden nach den Empfängergemeinden benannt wie z. B. der Römerbrief oder der Philippärbrief. Andere Briefe gingen an eine Einzelperson, zum Beispiel der Brief des Paulus an Philemon, den Herrn eines entlaufenen Sklaven. Die Menschen, denen die Bücher der Bibel zugeschrieben werden, waren unglaublich verschieden: Mose - ein hebräischer Knabe, der in Ägypten als Prinz aufwuchs und das Volk Israel führte; Salomo - ein reicher und weiser König. Hesekiel - ein Priester in Kriegsgefangenschaft; Amos - ein Schafhirte im Norden des Landes; Matthäus - ein ehemals verachtete Steuereintreiber für die römische Besatzungsmacht; Paulus - ein gebildeter Auslandsjude, der zum großen Missionar wurde. Diese und Dutzende andere gelten als Verfasser der biblischen Schriften, auch wenn Wissenschafter heute vermuten, dass vieles nicht sie selbst niedergeschrieben haben, sondern ihre Schüler. Jesus zum Beispiel hat überhaupt nichts Schriftliches hinterlassen.
Gott handelt in der Geschichte des jüdischen Volkes, aber auch der Menschheit. Das ist das Hauptthema der hebräischen Bibel. Der Gott, der alles geschaffen hat, nimmt teil an dem, was auf der Erde geschieht. Dieses Verständnis von der Welt unterscheidet sich sehr von dem in anderen Religionen, damals wie heute. Überall sonst in den Religionen des Altertums galt die Welt als ein endloser Kreislauf aus Werden und Vergehen, wie man ihn in der Natur beobachten kann. Im Alten Testament hingegen schreitet die Entwicklung fort, es gibt kein Zurück. Eine Geschichte spielt sich ab. Damit verbunden ist die Gewissheit, die Welt hat einen Ursprung und ein Ziel. Dieses Ziel verfolgt Gott, indem er ein bestimmtes Volk auserwählt, das Volk Israel. Beispielhaft für alle Welt soll an diesem Volk das Wesen Gottes sichtbar werden. Das Volk Israel - das ist das zweite Schlüsselwort. Gott verspricht Israel das Größte, was sich ein altes Nomadenvolk nur wünschen kann - ein Land, einen festen Wohnsitz. Gott schließt mit den Israeliten ein verbindliches Abkommen, einen Bund. Er verpflichtet sich, bei ihnen zu sein, sie zu führen und ihnen alles erdenklich Gute zukommen zu lassen, wenn sie sich an seine Regeln halten. Um sie auf dem richtigen Weg zu halten, schickte Gott Propheten. Sie wiesen auf Missstände hin und warnten vor Ungerechtigkeit und vor der Verehrung anderer Götter. Die zweite Aufgabe der Propheten war den Messias, also den kommenden Retter und Befreier, anzukündigen.
Worum geht es im Neuen Testament?
Das Neue Testament erzählt in den vier Evangelien die Geschichte von Jesus. Im Geschichtsbuch, das auch Apostelgeschichte genannt wird, befasst es sich mit der Entstehung der ersten christlichen Gemeinden. In den Briefen entfalten die frühen Führer der Christenheit die Bedeutung des Jesusgeschehens für das praktische Leben. Das letzte Buch des Neuen Testaments, die Offenbarung, zeigt, wie Gott durch Christus die Menschheitsgeschichte zu ihrem Ziel führen wird. Es wird ein Gericht geben, und danach einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Wie stehen beide Testamente zueinander?
Die ersten christlichen Gemeinden hatten keine eigenen heiligen Schriften. Die Bibel war das Alte Testament, die heilige Schrift der Juden. Und auch als die ersten christlichen Schriften entstanden, die wir heute im Neuen Testament finden, bezogen sich die Schreiber immer wieder auf die hebräische Bibel. Das zeigt eindrücklich, wie eng das Alte und das Neue Testament miteinander verbunden sind. Jesus war Jude. Auch seine ersten Schüler, die Jünger, waren Juden. Wenn Jesus zu ihnen sprach, war das Alte Testament der selbstverständliche Denkhintergrund für seine Zuhörer. Aber es gibt auch gravierende Unterschiede. Das Altes Testament wurde über einen Zeitraum von etwa 1000 Jahren geschrieben. Das Neue Testament dagegen während etwa 50-70 Jahren. Das Alte Testament wurde in Hebräisch, das Neue Testament in Griechisch geschrieben. Das Alte Testament ist etwa dreimal so umfangreich wie das Neue. Das Alte Testament befasst sich vorrangig mit einem Volk, nämlich den Israeliten. Die Mitte des Neuen Testaments ist eine Person, nämlich Jesus von Nazareth - der Retter. Das Neue Testament als Gesamtausgabe erschien etwa 400 Jahre nach dem Alten, oder dem ersten Testament. Eines ist aber klar: beide Teile unserer Bibel haben ihre Wurzeln in derselben Kultur, in demselben Volk, trotzt mancher gravierender Unterschiede.